BEFORE: Forderung nach einer Anpassung der AGG-Fristenregelung im Rahmen der COVID19-Pandemie

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Schutz und Unterstützung für Betroffene von Diskriminierungen sind während der Corona-Pandemie besonders wichtig!

• Rassistische Diskriminierungen treffen Betroffene während der Corona-Pandemie hart
• Die Kontaktbeschränkungen erschweren die
Beratungsarbeit
• BEFORE ist weiterhin als Anlaufstelle für
Betroffene da
• Die Fristenregelungen des AGG müssen an die
neuen Bedingungen angepasst werden


München, 16. April 2020 – Von Rassismus betroffene Menschen werden in der Corona-Pandemie zusätzlich mit Bezug zu COVID-19 diskriminiert und angegangen. Die aktuellen
Kontaktbeschränkungen bedeuten für die Beratung von Betroffenen schmerzhafte Einschnitte.
Bei BEFORE erhalten Betroffene weiterhin Beratung und Unterstützung. In den zurückliegenden Wochen wurden auch in München wiederholt Menschen zum Ziel rassistischer Diskriminierungen und Anfeindungen bei denen sich die Täter*innen auf das Corona-Virus bezogen. Stadtgesellschaft, Politik und Behörden müssen Betroffene gegen solche Angriffe konsequent schützen und sie bei Bedarf an zivilgesellschaftliche Beratungsangebote wie BEFORE verweisen. Wir dürfen nicht zusehen, wie die aktuelle Situation benutzt wird, um Menschen zusätzlich zu „Anderen“ zu stempeln und auszugrenzen!

Diskriminierungen finden häufig im Wohnumfeld statt. Unter den aktuellen Ausgangsbeschränkungen sind Betroffene ihnen den ganzen Tag über ausgesetzt, sie haben keine Möglichkeit auszuweichen. BEFORE fordert daher einen effektiven Schutz von Menschen, die in ihrer Nachbarschaft diskriminiert werden. Die zuständigen Ämter und Behörden können hierzu beitragen: Das Wohnungsamt sollte Betroffenen durch eine beschleunigte Vermittlung von Wohnungen dringend benötigte Rückzugsräume eröffnen!

In Zeiten weitreichender bürgerrechtlicher Einschränkungen für die Bevölkerung muss die Polizei sicherstellen, dass die Ausgangsbeschränkungen nicht zu einer Zunahme willkürlicher
Polizeimaßnahmen wie Racial Profiling führen. Sie treffen besonders häufig Menschen, die von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie Rassismus oder LGBTQI-Feindlichkeit
betroffen sind. Mit einem stärkeren täglichen Eingriff in die Rechte von Bürger*innen muss auch die Aufmerksamkeit für solche Risiken steigen!


Die momentane Situation ist für die Beratungsarbeit eine erhebliche Belastung. Die fehlende Möglichkeit, persönliche Beratungsgespräche durchzuführen, erschwert es uns, Betroffene zu unterstützen. Das ist von Beginn bis Ende der Beratungsprozesse spürbar. Die Überwindung von Sprachbarrieren ist zu einer noch größeren Herausforderung geworden. In Videochats oder Telefonaten ist die Kommunikation mithilfe von Dolmetscher*innen schwieriger als im direkten Austausch.

Der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu Ratsuchenden ist viel schwieriger, wenn man
sich nicht persönlich treffen kann. Auch die umfassende Klärung von Bedarfen und der
Austausch zwischen Betroffenen und Berater*innen kann darunter leiden. Telefon und Internet
bieten häufig keinen gleichwertigen Ersatz für das persönliche Gespräch, vor allem wenn es
um das Sprechen über belastende Situationen geht
“, erklärt Léa Rei,
Antidiskriminierungsberaterin bei BEFORE.

Besonders problematisch ist für von Diskriminierungen betroffene Menschen, dass viele Behörden, Ämter und Gerichte im Moment nicht regulär arbeiten. Die rechtlichen Fristen einzuhalten – zum Beispiel um eine Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz(AGG) einzulegen – ist im Moment noch schwieriger. Da auch Kanzleien zurzeit nur eingeschränkt erreichbar sind, können einige Betroffene ihre Rechte nicht vertreten. Dabei wirkt sich die wirtschaftliche Situation von Betroffenen in der aktuellen Situation stark auf deren Möglichkeit aus, ihre Rechte einzufordern. Wenn sie zum Beispiel zuhause keinen Zugang zum Internet oder einen eigenen Drucker haben, sind schon einfache Antragsstellungen, die
eine persönliche Unterschrift erfordern, schwierig.

Die Rechte von Menschen, die diskriminiert werden, gelten auch in der Corona-Pandemie.
Betroffenen muss es weiterhin möglich sein, sich zu wehren. Wir fordern, die Fristen, etwa bei
der Geltendmachung im Rahmen des AGG, so zu erweitern werden, dass sie in der aktuellen
Situation eingehalten werden können! Die zweimonatige Frist ist auch sonst in der Praxis viel
zu kurz – in der Corona-Krise ist sie mitunter gar nicht einzuhalten
“, unterstreicht Siegfried
Benker, Geschäftsführender Vorstand, BEFORE e.V.

Für Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an presse@before-muenchen.de. Informationen zur Arbeit von BEFORE finden Sie unter www.before-muenchen.de.

advd